Weißer Stechapfel (Datura stramonium)

Einordnung:

Solanaceae, Solanoideae (Nachtschattengewächse, Nachtschatten-Geschwister) - Leformix: plt.trh.spt.mal.ros.asr.son.son.son.dtr.stm

Vorkommen:

Ursprünglich in Nordamerika beheimatet. Bei uns verwildert, eher selten aber ortshäufig anzutreffen. Bevorzugt nährstoffreiche Böden.

Beschreibung:

30-120 cm hohes, einjähriges Kraut mit buchtig gezähnten Blättern, die teilweise über 20 cm lang werden können. Die Blüten sind trichterförmig, fünfach gelappt und von weißer oder violetter (var. tatula) Farbe. Blütezeit ist zwischen Juni und September. Die Früchte (Stechäpfel) sind stachelig (bei var. godronii und var. inermis stachellos) und enthalten zahlreiche nierenförmige, schwarze Samen.

Weißer Stechapfel
Weißer Stechapfel (Datura stramonium)

Wissenswertes:

Der Stechapfel ist schon in Büchern zu finden, die vor der Entdeckung Amerikas verfaßt wurden. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um Datura stramonium sondern um den Indischen Stechapfel (Datura metel). So zeigt die Graphik im Kreutterbuch von Hieronymus Bock keinerlei Ähnlichkeit mit Datura stramonium. Später wurden dann Stechapfelsamen auch den Hexensalben zugesetzt. Der Verlauf eines Rausches unter Stechapfel-Einfluß ist im Exkurs unter Papaver somniferum beschrieben. Des weiteren hat man auch Pferden Stechapfelblätter in den Mastdarm gesteckt, um ihnen mehr Temperament zu verleihen und somit einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Die medizinische Anwendung beschränkte sich auf das Rauchen der Blätter gegen Asthma.

Zur Giftigkeit:

Der Weiße Stechapfel enthält überwiegend das Alkaloid (S)-Hyoscyamin, junge Pflanzen auch Scopolamin. Der Alkaloid-Gehalt ist mit 0,6% in den Samen und Blüten am höchsten. Die Blätter enthalten etwa 0,4% Alkaloid. Die Giftigkeit des Stechapfels ist damit zwischen Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) und Tollkirsche (Atropa belladonna) einzustufen.

(S)-Hyoscyamin (S)-Hyoscyamin:
Summenformel: C17H23NO3
Molmasse: 289,4 g/mol
(S)-Scopolamin

(S)-Scopolamin:
Summenformel: C17H21NO4
Molmasse: 303,4 g/mol

Exkurs: Guerilla-Gärtnern

Haben Sie sich auch schon mal verwundert die Augen gerieben, daß plötzlich ein Stück verwahrlostes Land, eine Verkehrsinsel oder gar nur eine Baumscheibe (also das Stück unasphaltierte Erde um einen Baum)  über Nacht ergrünt ist? Dann sind Sie wahrscheinlich dem Werk von Guerilla-Gärtnern begegnet.Guerilla-Gärtnern, was ist denn das schon wieder? Am besten läßt sich das Phänomen dadurch erklären was es nicht ist, und das hat keiner treffender formuliert als der Autor des Kultbuches »Guerilla Gardening«, das mittlerweile auch in einer deutschsprachigen Übersetzung erhältlich ist, Richard Reynolds: »Gärtnerische Aktivitäten, für die du eine offizielle Erlaubnis hast, sind kein Guerilla Gardening. Etwas anderes so zu bezeichnen als die unerlaubte Gestaltung von Land, das dir nicht selbst gehört, wäre eine Herabwürdigung von Courage und Kreativität der echten Guerillas.«
Da gibt es also Menschen, die keine Mühe und Kosten scheuen, um Land, das Ihnen nicht gehört, zu kultivieren. Was bewegt diese Leute? Nun, die Beweggründe sind vielfältig: Sie reichen vom bloßen Spaß am Gärtnern über die Unzufriedenheit mit dem Zustand des eigenen Stadtviertels bis zum wirtschaftlichen Zwang der Selbstversorgung. Auch Naturschutzgründe können eine Rolle spielen, etwa beim Pflanzen von Schmetterlingsblumen, Vogelhecken oder botanischen Raritäten. Wie bereits erwähnt, kann es sich bei den kultivierten Flächen um winzige Fleckchen Erde handeln. Die Natur macht es uns vor:

Sandschaumkresse Cardaminopsis arenosa Hohler Lerchensporn Corydalis cava Geruchlose Kamille Tripleurospermum inodorum
Sandschaumkresse
(Cardaminopsis arenosa)
Hohler Lerchensporn
(Corydalis cava)
Geruchlose Kamille
(Tripleurospermum inodorum)

Vor dem Gesetz gilt in den meisten Ländern Guerilla-Gärtnern als Vandalismus, das heißt: Wenn Sie ein Grundstück von Glasscherben und Getränkedosen befreien, um darauf Blumen auszusäen oder Gemüse anzubauen, sind Sie rechtlich mit Personen gleichgestellt, die Telefonzellen oder Bushaltestellen verwüsten. Dies ist darauf zurückzuführen, daß den verantwortlichen Personen die beschränkten geistigen Fähigkeiten der Randalierer weniger befremdlich, ja außerirdisch erscheinen als die der Guerilla-Gärtner. Über eine witzige Begebenheit mit Behördenvertretern berichtet Reynolds in oben genannten Werk: Er hatte sich erdreistet eine mit Graffities beschmierte Betonwand zu reinigen. Zwar nicht die ganze Wand sondern nur ein Teil in Form von Buchstaben, und zwar so, daß der gereinigte Teil einen Hinweistext auf seinen Guerilla-Garten ergab. Der Behördenvertreter forderte ihn auf, seine Schmierereien(!) zu beseitigen. Die Justiz ist da schon etwas weiter und verzichtet in der Regel auf eine Strafverfolgung. Es wäre ja auch zu bizarr, bekäme man die Auflage eine entrümpeltes Grundstück wieder in den Ausgangszustand zu versetzen.
Argwohn und Paragraphenreiterei führen dennoch dazu, daß Guerilla-Gärtner überwiegend im Schutze der Dunkelheit oder als Stadtgärtner getarnt aktiv sind. Eine weniger auffällige Form des Guerilla-Gärtnern ist das Werfen von Samenbomben (auf die weiter unten noch eingegangen werden soll), die aber in ihrer gestalterischer Wirkung limitiert sind. Zur bloßen Verbreitung von Pflanzen sind sie aber das Mittel der Wahl, zumal aller Boden damit versorgt werden kann, der sich in Wurfweite befindet und sich ansonsten als unzugänglich erweist.
Was ist erlaubt? Erlaubt ist nichts, wie bereits oben erläutert. Man hat eh eine Grenze überschritten und befindet sich zumindest in einer rechtlichen Grauzone. Dennoch ist es durchaus hilfreich, sich über seine eigenen Beweggründe im klaren zu sein und auch in diesem Sinne zu handeln resp. zu gestalten. Gestalten ist nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit Ordnen. Auch eine Renaturierung ist gestalterisch. Will man sich als Guerilla-Gärtner an profanen Graffiti-Schmierern orientieren oder doch eher an einem Banksy? Ein paar Anregungen möchte ich Ihnen im folgenden geben:

Sie müssen damit rechnen, daß diejenigen, die das Grundstück verschandelt haben, Anspruch darauf erheben es weiterhin tun zu dürfen. Obst und Gemüse ziehen ungebetene Gäste an und lösen einen Erntereiz aus. Botanische Gärten rüsten mit mäßigem Erfolg ihre Nutzpflanzenschaugärten mit Schildern der Art» Gemüse ernten verboten« aus. Einkaufszentren bemühen sich ihre Korridore abwechslungsreich zu gestalten, etwa durch eine Frühjahrsbepflanzung. So geschah es, daß ein Beet mit einem fruchtenden Zitronenbäumchen bepflanzt wurde. Es verging kein Tag und die Zitronen waren geerntet. Heranwachsende, die den Dreisatz für ein Versmaß halten, möchten es den Lesekundigen mal so richtig zeigen. Hundebesitzer erwarten schon Dank dafür, wenn sie ihr Liebling dazu bewegen seine Notdurft abseits der Gehwege zu verrichten. Ganz verhindern können Sie solche Übergriffe nicht, aber ein Erschweren ist schon möglich. In der Computerterminologie spricht man von einer »Firewall«. Hierbei bieten sich Möglichkeiten des Sichtschutzes, mechanischer oder chemischer Reize an, und das alles rein pflanzlich:

Will man kein Land kultivieren sondern nur bestimmte Pflanzen verbreiten, sind Samenbomen das Mittel der Wahl. Bei klassischen Samenbomben handelt es sich um Kugeln, bestehend aus Erde, Ton (zur Verfestigung) und eben Pflanzensamen. Diese lassen sich auf beliebige Grundstücke werfen und tragen so zur Verbreitung der gewünschten Pflanze bei. Das Buch von Josie Jeffery widmet sich ausschließlich den Samenbomben, dem oben erwähnten Werk von Richard Reynolds kann ich persönlich jedoch mehr abgewinnen. Dem in beiden Büchern vorgeschlagenen Basteln von Samenbomben mit ausgefallenen Formen (etwa in Form einer Pistole) hingegen, kann ich keine Begeisterung entgegen bringen, denn ausgefallen heiß aufgefallen, und das wollen wir ja gerade nicht (oder wollen Sie, daß Ihre Samenbomben auf den Müll wandern?). Dennoch ist es nicht verboten bei der Komposition der Samenbomben seiner Phantasie freien Lauf zu gewähren. Diese sollte sich aber mehr mit der Funktionalität  denn mit der Form beschäftigen: Duftveilchen (Viola odorata) besitzen an ihren Samen ein Anhängsel, das gerne von Ameisen gefressen wird. Einen gleichgearteten Verbreitungsmechanismus können auch Sie für Ihre Pflanzen nutzen indem Sie Samenbomben auf Mehl- und Zuckerbasis kreieren. Vögel fressen Beeren, selbst von für den Menschen giftigen Pflanzen, wie der Schwarzen Tollkirsche (Atropa belladonna), und dienen so der Verbreitung durch Ausscheiden der Samen. Fertigen Sie doch »Kunstbeeren« an, indem Sie Rosinen etwa mit Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) oder Stechapfelsamen (Datura stramonium) füllen und für die Winterfütterung nutzen. Diese Art der Samenbomben sind sogar vollkommen legal. Besuchen Sie im nächsten Wahlkampf einen Parteistand und lassen Sie sich einen heliumgefüllten Luftballon für Ihre Kinder schenken. In Wirklichkeit schenken Sie Ihren Pflanzensamen eine Ballonfahrt über die Heimat. Nur drei, bei der Natur abgeschaute Varianten der Samenverbreitung, die Sie gerne um weitere ergänzen dürfen.
Sollten Sie sich dazu entschließen für Ihre Samenbomben Blumen- oder Gemüsesamen zu kaufen, werden Sie schnell merken, welch ein kostspieliges Hobby Sie sich da ausgesucht haben. Es gibt aber durchaus Möglichkeiten Ihr Hobby preiswerter zu gestalten: Falls Sie selbst über einen kleinen Garten oder über einen Balkon verfügen, so ist die einfachste Möglichkeit die der Eigenproduktion von Pflanzensamen. Selbstverständlich können Sie die Samen auch der Natur entnehmen, wobei Sie auf seltene Arten nur bei entsprechender Sachkenntnis zurückgreifen sollten. Unproblematisch sind der Klatschmohn (Papaver rhoeas), der Rote (und auch nur der Rote) Fingerhut (Digitalis purpurea), das Fuchssche Kreuzkraut (Senecio fuchsii) sowie andere Senecio-Arten oder der Wasserdost (Eupatorium cannabinum), der eine große Anziehungskraft auf Schmetterlinge hat:

Samenstand Fuchssches Kreuzkraut Senecio fuchsii Samenstand Wasserdost Eupatorium cannabinum
Samenstand
Fuchssches Kreuzkraut
(Senecio fuchsii)
Samenstand
Wasserdost
(Eupatorium cannabinum)

Weiterhin besteht die Möglichkeit sich mit Pflanzensamen im Lebensmittelhandel einzudecken. Getrocknete Hülsenfruchtsamen, etwa Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris), sind durchaus keimfähig. Sie können auch mit heimischen Gewürzen, wie dem Kümmel (Carum carvi), mit Getreidekörner von der Gerste (Hordeum vulgare) bis zum Roggen (Secale cereale) und weiteren Backzutaten experimentieren.  Bevor Sie sich allerdings die Arbeit machen, solche Samen zu Samenbomben zu verarbeiten, empfiehlt es sich die Keimfähigkeit der Saat zu testen. Dies kann ganz einfach dadurch erfolgen, daß Sie ein paar Samen in ein feucht zu haltendes Küchentuch einschlagen und nach angemessener Zeit (hängt von der Pflanze ab) nachschauen, ob sich ein Keim bildet. Ist dies der Fall, können Sie zur Tat schreiten. Nicht unerwähnt bleiben soll, daß einige Pflanzenarten sich leichter vegetativ vermehren lassen als durch Samen. Dies trifft insbesondere auf die in vielen Gärten kultivierten Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) Eisenhut (Aconitum napellus) und Christrose (Helleborus niger) zu. Falls Sie solche Samen aus Ihrem Garten verwerten wollen, fügen Sie einfach noch ein paar andere Sorten hinzu, damit Sie im Zweifelsfall doch ein Erfolgserlebnis verzeichnen können.

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