Einordnung:Solanaceae, Solanoideae (Nachtschattengewächse, Nachtschatten-Geschwister) - Leformix: plt.trh.spt.mal.ros.asr.son.son.son.atp.bln Vorkommen:An Waldränder oder in Lichtungen von Laub- und Mischwäldern. Liebt Kalkboden. Beschreibung:50-150 cm hohe Staude mit eiförmigen Blättern, violetten bis braunen Blüten und im reifen Zustand glänzend schwarzen Beeren. Die Pflanze blüht zwischen Juni und August. Die Farbe der Beeren wechselt direkt von grün zu schwarz und ist zwischenzeitlich niemals rot. Die Beeren sitzen in einem fünfzipfeligen Kelch. |
Tollkirsche (Atropa belladonna) |
Wissenswertes: Neben der
schwarzfrüchtigen Tollkirsche gibt es auch
eine seltene gelbfrüchtige Varietät (Atropa
belladonna
var. lutea), die
blaßgelbe Blüten hat. Die wissenschaftliche
Benennung der
Tollkirsche erfolgte nach der griechischen Göttin Atropos, die
den
Lebensfaden durchschneidet; belladonna heißt
»Schöne Frau«, da sich Frauen
früher aus
kosmetischen Gründen Tollkirschensaft in die Augen
träufelten, um die Pupillen zu erweitern.
Durch die
Einnahme von Tollkirschen können Halluzinationen
ausgelöst
werden, entsprechend waren im Mittelalter Tollkirschen Bestandteil der
Hexensalben. Weitere Informationen zum Thema
»Rauschmittel«
können Sie im Exkurs
zum
Portrait des Schlafmohns (Papaver
somniferum) nachlesen. Weitere Rauschpflanzen sind
im
entsprechenden Themenverzeichnis
aufgeführt. |
Gelbfrüchtige Tollkirsche (Atropa belladonna var. lutea) |
Die Tollkirsche enthält in allen Teilen das Alkaloid (S)-Hyoscyamin. Die höchste Konzentration befindet sich hierbei in den Blättern (bis zu 1,5%). Die Früchte, die zumeist Ursache einer Vergiftung sind, enthalten bis zu 0,7% Alkaloid. (S)-Scopolamin kommt nur in Spuren vor und trägt nicht zur Giftwirkung bei. (S)-Hyoscyamin fand früher Verwendung in der Augenheilkunde und dient heutzutage als Gegenmittel bei Vergiftungen durch Phosphorsäureester (Pflanzenschutzmittel, Nervengase). In Israel kam es während des Golfkrieges (1991) zu einer Massenvergiftung durch (S)-Hyoscyamin, da viele Bürger, aus Angst vor einem irakischen Giftgasangriff, sich prophylaktisch dieses Mittel verabreicht hatten.
(S)-Hyoscyamin: |
Vielleicht ist Ihnen schon mal zu Ohren gekommen, daß die Tollkirsche Atropin enthält. Hier lesen Sie aber nur was von (S)-Hyoscyamin (in der älteren Literatur auch als L-Hyoscyamin bezeichnet). Wie das? Atropin ist eigentlich ein Gemisch aus zwei Chemikalien, eben (S)-Hyoscyamin und (R)-Hyoscyamin (in der älteren Literatur auch als D-Hyoscyamin bezeichnet). Die Pflanze selbst bildet nur (S)-Hyoscyamin. Durch Umwelteinflüsse oder bei der Isolierung des Alkaloids kann es allerdings sehr leicht passieren, daß sich ein Teil des (S)-Hyoscyamin in (R)-Hyoscyamin umwandelt (und falls sich schon genug (R)-Hyoscyamin gebildet hat, auch umgekehrt). Diese gegenseitige Umwandlung wird in der Chemie als Racemisierung bezeichnet. Ein Gemisch, das aus gleichen Teilen von (S)- und (R)-Hyoscyamin besteht, bezeichnet man als Atropin (bzw. allgemein als Racemat oder racemisches Gemisch), korrekter auch als (R,S)-Hyoscyamin. Atropin ist nur halb so giftig wie (S)-Hyoscyamin. (R)-Hyoscyamin hat also keine Giftwirkung. H. Wagner schreibt in seinem ansonsten sehr guten Buch, daß man die beiden Formen nicht anhand einer Formel unterscheiden kann. Ich werde es trotzdem versuchen: